Foto von Ask Mercedes

KI-Projekt „Ask Mercedes”

Eine Virtual-Assistant-Plattform für Autofahrer

Das neue Auto steht in der Garage. Alles blinkt und blitzt. Die Vorfreude auf den Fahrspaß ist groß. Aber gleichzeitig sind da Fragen: Wie funktioniert das alles hier im neuen Auto? Was ist das für eine Taste in der Mittelkonsole? Wie kann ich mein Handy mit dem Fahrzeug koppeln? Was heißt „Sport+“? Was wir bisher im dicken Bedienungshandbuch des Wagens suchen mussten, erklärt uns in Zukunft zusätzlich ein digitaler, unterhaltsamer Sprachassistent.

Ein Beitrag von Tim Bunkus

Frag den digitalen Assistenten und du erhältst Antworten

Beim Autohersteller Daimler wird es zukünftig zusätzlich zur Betriebsanleitung des Fahrzeugs auch einen digitalen, App-basierten Sprachassistenten geben, der Fragen rund um den Wagen beantworten kann. Das sieht die Digitalisierungsstrategie für die neuen Autotypen von Mercedes-Benz vor. „Ask Mercedes“ wird dieser digitale Assistent heißen. Er ist in der Lage, schnell und unkompliziert auf Fragen des Fahrers rund um seinen Wagen zu antworten, die dieser per Sprach- oder Texteingabe auf seinem Smartphone stellt. Um die Information über Bedienelemente im Wagen noch einfacher zu gestalten, ist „Ask Mercedes“ zusätzlich mit einer Augmented-Reality-Komponente ausgestattet, mit der der Fahrer über sein Smartphone bequem sein Cockpit erkunden kann. An der Umsetzung dieser Idee arbeiten Teams von adesso, deren Tochter adesso mobile solutions, IBM und Vuforia zusammen.

Virtuelle Assistenten – wie Chatbots und Co. unsere Kommunikation verändern

Instant Messaging Apps wie WhatsApp und Facebook Messenger haben sich in den letzten Jahren zu den beliebtesten Kommunikationsmitteln weltweit entwickelt. Gab es im Jahr 2014 noch 1,07 Milliarden Nutzer von Messaging-Apps soll die Zahl bis 2019 auf knapp 2,2 Milliarden Nutzer ansteigen. Auch so genannte „Smart Speaker“ wie Amazon Echo oder Google Home mit ihren integrierten virtuellen Assistenten Alexa und Google Assistant erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Ein Trend, den auch Unternehmen erkennen.

Laut Facebook antworten etwa 20 der rund 70 Millionen markenbezogenen Facebook-Seiten auf Messenger-Anfragen von Kunden direkt und geben dem Kunden so die Möglichkeit, Informationen unverzüglich und ohne Umwege zu erhalten – egal wo und egal wann.

Anders als bei Webseiten, die in regelmäßigen Abständen von Experten mit Wissen befüllt oder aktualisiert werden, besteht beim Instant Messaging die Herausforderung darin, dass Experten immer direkt zur Verfügung stehen müssen – für jeden Nutzer, zu jedem Thema und zu jeder Zeit.

Eine personalunabhängige Lösung im Servicebereich bieten Chatbot-Systeme. Diese sind in der Lage, die eingehende Anfrage eines Nutzers zu „verstehen“ und aus hinterlegtem Wissen dezidiert zu antworten. Beim „Verstehen“ des Nutzers und der Inhalte helfen sogenannte kognitive Systeme, die anhand von Deep-Learning-Algorithmen Sinnzusammenhänge und Absichten aus Texten extrahieren können. Dieser Vorgang wird als „Natural Language Understanding“ (NLU) bezeichnet.

Die Geburt eines virtuellen Assistenten

Für einen guten virtuellen Assistenten braucht es jedoch mehr als nur die neueste Technik: Zahlreiche Aspekte wie der Charakter des Bots, die auszuspielenden Inhalte, Betrieb und Weiterentwicklung müssen anders betrachtet werden als bei der klassischen Softwareentwicklung. So stand das Projektteam am Anfang vor der simplen Frage „Wer ist unser Chatbot überhaupt?“.

Antworten darauf lieferte die Frage, welche Personengruppe der weibliche Chatbot namens „Mercedes“ in Zukunft als virtuelle Assistentin beraten soll. Im ersten „User Experience Workshop“ stand die Zielgruppe der Mercedes-Fahrer im Vordergrund. Den Kunden soll ab sofort ein noch ausgereifterer Service geboten werden. Denn durch die neuen Technologien im Auto, wie beispielsweise moderne Fahrerassistenzsysteme, entstehen auch neue Fragen bei den Fahrern, die der Chatbot den Nutzern schnell und unkompliziert erklären soll. Das Projekt bietet somit einen neuen Kommunikationskanal – für alle Fahrer, aber auch und gerade für die digital affine Zielgruppe der jüngeren Autofahrer.

Foto von einem Mercedes Benz Interieur

Intelligente Dialogtechnologie kombiniert mit Augmented Reality: Ask Mercedes. Der virtuelle Assistent hilft sofort weiter (Copyright: Daimler AG)

Chatbot Mentoring – der Assistent in der Bot-Schule

Die Pflege eines Chatbot-Systems ist oftmals nicht so leicht wie gedacht: Allgemein wird angenommen, dass ein „Cognitive Bot“ anhand von Inhalten eigenständig lernt, Texte versteht und mittels neuer Wissensquellen eigenes Wissen aufbaut, das auf Nutzeranfragen automatisch formuliert wird. Leider ist ein derartiges, komplett autonom lernendes und agierendes System (noch) Science-Fiction. Heute lernt das System lediglich unter Supervision die Frageabsicht eines Nutzers zu verstehen. Der Dialog mit dem Nutzer im Frage-Antwort-Spiel folgt einem ausgeklügelten Drehbuch, dem Skript, und muss manuell erstellt werden.

Wer diese Arbeit schon einmal vorgenommen hat, weiß um den erheblichen Aufwand. Um Chatbot-Dialoge so zielführend und unkompliziert wie möglich zu gestalten, hat adesso einige Tricks auf Lager: Neben grafischen Tools für Dialogbäume wurden für das Projekt auch Tools entwickelt, mit denen die Inhalte – angepasst für mehrere Kanäle – bereitgestellt werden können. Seien es – bei Amazons Alexa oder Google Home – für das reine Vorlesen optimierte Texte oder kurzgehaltene Textantworten für Facebook Messenger, untermalt mit medialen Inhalten wie Bildern oder Videos. Dabei nutzen letztendlich alle Kanäle den gleichen zugrundeliegenden Dialog und das gleiche trainierte „Natural Language Understanding“ (NLU).

Die technische Plattform: Home of Chatbots

Genauso divers wie die verschiedenen Kanäle sind die Quellen, aus denen das Wissen für den Chatbot im Projekt „Ask Mercedes“ stammt: Es werden Bedienungsanleitungen, Preislisten oder Informationen des Automobilherstellers verwendet, um den Chatbot mit Wissen rund um alle Themen auszustatten. Die Herausforderung besteht darin, dass die verschiedenen Wissensdomänen von verschiedenen Fachbereichen gepflegt werden. Es gibt also nicht nur einen „Information Owner“ und damit nicht nur „den einen“ Chatbot.

Um dem Kunden trotzdem einen einheitlichen Ansprechpartner für alle Themen zu bieten, schuf adesso eine Plattform, auf der viele Bots wie ein einziger wirken. Das „Intelligent Information Hub (IIH)“ analysiert die Anfragen eines Nutzers und routet diese über einen sogenannten Concierge-Bot an die Information Domain, die die Anfrage am qualifiziertesten beantworten kann. Die Antwort wird dann, aufbereitet für die entsprechenden Kanäle wie Facebook, Alexa oder eine andere App, an den Nutzer zurückgespielt, ohne dass dieser etwas von dem internen Routing bemerkt. Feste Regeln für Tonalität und Aufbau der Antworten unterstützen dabei den „One-Face-to-the-Customer“-Ansatz und sorgen dafür, dass es keinen „Bruch“ zwischen den einzelnen Domänen gibt.

Foto der Mercedes Benz App

Fragen Sie „Mercedes“. Der Chatbot beantwortet rund 100 der häufigsten Fragen zur Nutzung eines Fahrzeugs. (Copyright: Daimler AG)

Ausblick zur Chatbot-Entwicklung

Chatbots werden in den nächsten Jahren die Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen maßgeblich verändern. Das beauftragte Projektteam hat mit der virtuellen Assistentin „Mercedes“ und der zugrundeliegenden Plattform „Intelligent Information Hub“ eine wichtige Basis für diese neue Form der Kommunikation geschaffen. Die Entwicklungen werden in den nächsten Jahren weiter ausgebaut.

Alle Pressefotos zu „Ask Mercedes“: Copyright: Daimler AG

Tim Bunkus ...

... ist Experte im Bereich Künstliche Intelligenz, Cognitive Consulting, UI- und UX-Design und API Driven Development. Er ist vor allem in Projekten mit sozialem und kollaborativem Fokus tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf der Konzeption neuer Applikationen mit Hilfe von Cognitive Services auf Basis von IBM Watson. Er ist außerdem Trainer für Webtechnologien und ist als Speaker bei verschiedenen Veranstaltungen zum Thema Cognitive Computing aufgetreten.
E-Mail: tim.bunkus@adesso.de

Foto Tim Bunkus

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